04.12.2010

Wie beschrieb dereinst der Südseehäuptling Tuiavii nach einer Europareise seinen Landsleuten den „weißen Mann“?

Es ist Dir … nicht möglich, auch nur einmal von Sonnenaufgang bis -untergang ohne Geld zu sein. Ganz ohne Geld. Du würdest deinen Hunger und Durst nicht stillen können, du würdest keine Matte finden zur Nacht. … Du musst zahlen, das heißt Geld hingeben, für den Boden auf dem Du wandelst, für den Platz, auf dem Deine Hütte steht, für das Licht, das Deine Hütte erhellt.… Willst Du dort hingehen, wo die Menschen Freude haben, wo sie singen oder tanzen, … du musst viel rundes Metall und schweres Papier hingeben. Du musst zahlen für alles. Überall steht dein Bruder und hält die Hand auf, und er verachtet dich und zornt dich an, wenn du nichts hineintust.“Dass die Worte unseres Südseehäuptlings auch heute noch nichts von ihrer Richtigkeit verloren haben, belegt der heutige Kegelabend. Und dies nicht nur weil unsere Schwester Wirtin Sophie mit uns zornt und die Hand aufhält, weil wir früher als sonst unsere Kegelhütte mit Licht erhellen, unsere Matten aufschlagen, unsere Fußlappen tauschen und einige „Rauchrollen“ (Tuiavii) anzünden wollen.

Nein, auch sonst zeigt sich, dass Geld „der wahre Gott“ (Tuiavii) des Wessescheme Kallehöppers ist. Wirft man einen runden Stein in einen Haufen weißer Puppen, die sogenannten „Moppen“ (Häuptling Wolfgang), so nennt der weiße Mann dies Kegeln. Fällt der runde Stein dabei in die Holzspalte, zahlst Du – Häuptling Jupp muss deswegen viele Taler zahlen. Fällt er nicht in die Holzspalte, zahlst Du meistens auch. Wirft er drei Puppen um, die hintereinander stehen, zahlst Du auch.Triffst Du die falschen Zahlen, zahlst Du auch. Lässt Du im Dunkeln des  spiels, das der weiße Mann „Sechstagerennen“ nennt, rechts und links zu viele Puppen stehen, zahlst Du auch. Bevor Du aber überhaupt kegeln darfst, musst Du der Kassenschwester Heidi erst einmal den Gegenwert eines Tageslohns in Form von schwerem Papier übergeben, das sie sofort in einer kleinen verschließbaren Lederhaut verschwinden lässt, um es anschließend in einer noch größeren Lederhaut in ihrer „steinernen Truhe“ (Tuiavii) in Pingsheim zu verwahren.

Da es auf Weihnachten (ein Fest des weißen Mannes, an dem Du ganz viel Essen und Trinken musst – ohne Dich jemals zu bewegen) zugeht, tauschen die Steinwerfer an diesem Abend in buntes Papier gewickelte Gaben, was sehr lustig ist und Wichteln heißt.  Du verbreitest damit Du große Freude, zahlst aber einen Taler. Häuptling Wolfgang wirft einfach so einen sogenannten Naturkranz, bei dem alle Puppen außer der Häuptlingsmoppe umfallen, und schon musst Du zahlen und machst der Kassenschwester Heidi mit Du 25ct eine große Freude.

Ansonsten: Häuptling Dietmar lässt sowohl Häuptling Uwe als auch Häuptling Herbert (beide haben hier und da die falschen Zahlen und die falschen Puppen getroffen) weit hinter sich. Schwester Maria wirft einige dieser meistgehassten Puppen um, die ganz rechts oder ganz links außen stehen und die sie Bauern nennen. Schwester Dagmar hatte wie immer viele Freude beim Holztruhenspiel, bei dem es darum geht, der Schwester oder dem Bruder, der vor Dir den steinernen Ball wirft, Übles zu wollen. Schwester Evi ist wie immer eine verlässliche Steinwerferin – im mittleren Moppenbereich. Sie mag diese Außenmoppen nicht. Schwester Dagmar mag sie auch nicht, Schwester Waltraud mag sie überhaupt nicht. Alle Häuptlinge mögen sie, weil sie das Fundament ihrer Regentschaft bilden.

Für zwei Dinge ist an diesem Abend nichts zu zahlen: Häuptling Günter hat sich wieder einmal  mit der Mondphase vertan und kommt zu spät, muss dafür aber keine Strafe zahlen. Schwester Waltraud kegelt beim 3 Taler-Spiel erbarmungslos gut und darf das bunte Viereck für die Dauer von zwei Mondumläufen mitnehmen. 

— Der Autor bittet hiermit bei allen Schwestern um Verständnis für Unterscheidung zwischen Schwestern und Häuptlingen. In der Südsee gibt es leider keine weiblichen Häuptlinge (Häuptlinginnen hört sich auch nicht wirklich gut an).